Aleister Crowley war also in erster Linie ein britischer Okkultist, Schriftsteller und privat ein begeisterter Bergsteiger. Allgemein angenommen gilt er sicher aufgrund seines fragwürdigen Lebenswandels für einige Autoren als Begründer der modernen „schwarzen Magie“. Eigentlich ist damit eine Aussage von der Presse geschaffen worden, die sich bis heute standhaft hält. Dies trotzdem oder weil er auch öfter fälschlicherweise mit den Atheisten verwechselt wurde. Der einzige Vorwurf, der sicher richtig ist, ist, dass er ein antichristlich orientierter Suchender in der weltweiten spirituellen Szene war. Diese Eigenschaft verbindet ihn mit einer Reihe von Zeitgenossen und nicht selten auch mit seinen Kritikern. Sicher fanden seine Zeitgenossen in der antichristlichen Haltung einen guten Boden für derartige Gerüchte, aber diese Feststellung lässt sich aus seiner Biographie zweifelsfrei widerlegen, da er Magie als eine tiefgründige und komplexe Philosophie betrachtet hat.
Für ihn war Magie weniger eine einfache Handlung mit magischem Hintergrund, noch dazu mit pubertierendem Charakter, wie sie die Satanisten auch betreiben. Diese Betrachtung kann sicher nicht bloß mit dem Begriff schwarze Magie oder Satanismus gleichzusetzen sein, da auch Crowley sich ausführlich mit der Philosophie, Theosophie und Theologie der Zeit des ausklingenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts beschäftigt hat. Seine Schriften enthalten aktuelle Ereignisse, in denen er über das Erleben des Gottes berichtet. Sein
Hohepriester im Tarot ist übrigens eine der wenigen dieser Tarotkarten, bei denen ich die Abbildung der Symbolköpfe der vier Evangelisten aus dem Christentum gesehen habe. Diese Darstellung hätte Lady Frieda Harris niemals umsetzen können, wenn sie Crowley nicht zugesagt hätte. Das Bild des Hohenpriesters aus dem (Aleister-) Crowley (Thoth-) Tarot ist auf dieser Seite zu sehen:
https://tarot.or.at/wp-content/uploads/2016/04/crowley-tarot-hohepriester.jpg (16.06.21, 16:42 Uhr)
Ein Bild, das ebenfalls die Evangelisten zeigt, findet sich im „Liber T Tarot / Tarot of Stars Eternal“. In diesem Tarot finden sich noch weitere Ähnlichkeiten. Sicher ist der Hohepriester oder Hierophant ein christlicher Würdenträger, aber ausgerechnet Crowley setzt diesen Umstand so konkret wie nur wenige um. Ich kann nicht wirklich feststellen, wer als Erster die Bildideen umgesetzt hat. Es ist mir aber ein Bedürfnis anzunehmen, dass Crowley mit seiner fertig gefassten Meinung eher vorne liegt, als dass er es sich antun würde, sich selber einzugestehen, eine Idee quasi gebraucht zu verwenden.
Ich sehe damit schon seine Bereitschaft zur Toleranz, die ihm selber sehr oft versagt geblieben ist. Wir können daraus schließen, dass seine antichristliche Haltung bei Weitem nicht atheistisch, sondern eher antidogmatisch war. Nicht zuletzt auch aus der Erfahrung mit der doch sehr intoleranten Erziehung, speziell durch seine Mutter.
Bei einer Betrachtung seines Lebens kommt mir zwangsläufig die Bewunderung für ihn, da sein Leben alles andere als das eines Magiers und schon gar nicht das eines spirituellen Menschen ist. Ich habe seine Einflussdaten auf einer Zeichnung zusammengestellt und es sind nur die familiären Daten als NORMAL zu sehen, die drei anderen Kolonnen stellen Beeinträchtigungen seines Lebensbildes dar. Die Grafik stammt aus dem ersten Beitrag, aber sie passt sehr gut als Erinnerung einige Male in die Darstellungen seines Lebens.
Crowleys Überzeugung war ganz klar die Verfolgung des „Großen“, des „Ganzen“, welches zu erreichen die Selbsterkenntnis und die Verbindung mit dem Universum beinhaltet. Er war dazu auch der Ansicht, sein Schicksal oder seinen Lebenszweck herausfinden zu können, was er als den wahren Willen des Menschen bezeichnete. Ich sehe die Konstellation Crowleys, der eine Reihe unterschiedlicher, religiöser und magischer Glaubensgrundlagen studierte, als eine Basis für alle Christen, ihn zu verunglimpfen, da er mehr wissen wollte, als das, was für Christen sowieso „ALLES“ zu sein hat. Unter seinen religiösen Studien waren der Buddhismus, Yoga, die Kabbala sowie jüdisch-christliche und magische Systeme.
Da er das Christentum ablehnte und auch noch mehrere antisemitische Aussagen machte, was allerdings der Sichtweise seiner Zeit um 1920 mit dem aufkommenden Nationalsozialismus entsprach, unterstützte er weitere Gerüchte.
Gerald Gardner, Gründer der Wicca-Bewegung, wurde deutlich von Crowleys Schriften beeinflusst. Dies soll sogar so weit gegangen sein, dass er Rituale plagiiert haben soll. Auch dazu fehlen im Endeffekt die geschichtlichen Beweise, da die Ritualmagie bestimmte Gesetze befolgt, die sicher sowohl Gardner als auch Crowley kannten. Allein dadurch ergeben sich Ähnlichkeiten, die bei weitem kein Plagiat sein müssen.
Als zweite Begründung einer Fehleinschätzung Crowleys als Schwarzmagier kann man wohl sehen, dass heute selbst schwarzmagisch orientierte und satanistische Gruppen diese Behauptung als falsch von sich weisen und auf klare Eigenständigkeit plädieren.
Zunehmend verlassen auch die Schwarzmagier den Weg des zwanghaften Andersseins und bemühen sich um Ähnlichkeiten zur hellen Magie. Immerhin hängt von der Akzeptanz der philosophischen Richtung die Anerkennung in der Gesellschaft als eigenständige Gruppe ab. Warum sollte dann ein Magier die schwarze Magie zusätzlich neu erfinden? Bei Crowley sehe ich den Hauptgrund für den Verruf in der Tatsache, dass er sich nicht um die Meinung anderer (oder, wie es für ihn schien, Unwissender) kümmerte.
Ergänzend gibt es einige ungeschickte Zusammentreffen von Gerüchten über Crowley. Hier ist zum Beispiel eine Anschauung seiner Zeit, die sinngemäß besagt, die christliche Gleichung des Tieres sowie der Zahl 6, bei Crowley als „Tier 666“ sogar mehrfach die Zahl 6, gehört dem Zeitgeist als mit dem Satan gleichgesetzt an. Crowley selbst hatte sich als „Tier 666“ bezeichnet, nachdem er mit seiner Mutter eine überdeutliche Zerrüttung hatte und sie ihn als das Tier 666 aus der Apokalypse bezeichnete. Aus dieser eigenen Bezeichnung lässt sich doch ableiten, dass er sich offensichtlich mit den Kreaturen der Offenbarung und den Zahlen beschäftigt hat. Die Zahl „6“ und speziell die Wiederholung stellen Symbole im Sinne der Sechshundertsechsundsechzig (666) eine biblische Zahl dar. Diese Zahl ist in der heute verstandenen Bedeutung aus der Offenbarung des Johannes zu finden. Im Zuge des Okkultismus und der Zahlenmystik wird der 666 eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Sie wird auch als Zahl des Tieres oder Zahl des Antichristen bezeichnet. So gesehen hat er sich richtig als Antichrist gesehen, wurde aber von seinem Umfeld mit Atheist und ungläubig verwechselt. Auch Crowley kam die allgemeine Aussage zur Magie im Geiste der damaligen Zeit in den Weg. Das nährte natürlich wieder die Gerüchte, nach der allgemeine Wahrnehmung der Meinung zu entsprechen haben, dass alle okkulten Vorgänge im Zuge der Magie Satan und Dämonen betreffen müssen. Außerdem hatte man ihm die Tatsache, dass er über Beschwören und Befehlen von Dämonen geschrieben hat, zum Verhängnis gemacht. Bei diesen Inhalten ging es für ihn eher um eine Erkundung des eigenen Selbst, als um eine Arbeit mit satanistischen Wesen. Was wir in diesem Zusammenhang bedenken müssen, ist, dass sein magischer Anfang im Bereich der dunklen Magie lag. Aus dieser Zeit können sicher einige Gedanken, wenn auch nicht all zu deutlich in seinem Konzept, gefunden werden.
Das ist übrigens eine Gemeinsamkeit mit mir. Mein spiritueller Weg war deutlich seit meiner Kindheit vorgegeben, da mein Vater Priester war, magisch war der Beginn meiner Suche nach Information allerdings ebenfalls im Rahmen der dunklen oder Schadmagie zu finden. Das bedingt sicher auch mein Verständnis für seinen Weg, nicht aber für seine Handlungen. Was wir noch gemeinsam haben, ist die Abwendung von diesem Weg nach kurzer Zeit. Auch hier scheiden sich unsere Vorstellungen an den Handlungen, wenngleich eine Ideologische Übereinstimmung deutlich wird.
Was dazu beigetragen hat der „MEIST GEHASSTE MANN DER WELT“ zu werden, ist bestimmt sein exzentrisches Leben sowie seine provokativen Werke. Allerdings erscheint es mir plausibel, dass Crowley die falschen Freunde zu seiner Zeit gehabt haben wird. Nebenbei bin ich schon der Auffassung, dass falsch verstandene Sexualmagie in Verbindung mit Drogenkonsum den Weg mehr ins Rotlichtmilieu ebnen. Daraus erreichten ihn Zeitgenossen als Freunde, die in der spirituellen Szene absolut nichts zu suchen hatten.
Wir wissen, dass Crowley Drogen konsumiert hat und Feiern nicht ablehnend gegenüber stand. Dieser Umstand zeigt aber deutliche Züge des damaligen Zeitgeistes, dem Crowley damit gefolgt ist. Dennoch konnte ich damit keine definitiven Beweise einer schwarzmagischen Schuldhaftigkeit oder grundlegender dunkler Magie in seinem Handeln finden.
Es ist zum Beispiel nur der Gebrauch einer Pentagramm-Halskette durchaus geeignet, einen Menschen als Satanisten zu verrufen. Ist die Spitze nach oben gerichtet (übliche Form) so steht das Pentagramm für den Träger beim eigenen Blick von oben auf den Anhänger mit der Spitze zum Betrachter, also als Satansstern aus. Umgekehrt, mit der Spitze nach unten, ist es „nur“ für den außenstehenden als Satans-Pentagramm erkennbar, der Träger wird es aus seiner Perspektive als „richtig“ sehen, da die Spitze von dem Träger in der Betrachtung von oben weg gerichtet erscheint. Damit ist die Optik eines stehenden Sterns gegeben. Welches ist nun der Satans-Stern? Meine Sicht oder die Sicht meines Gegenübers? Aus dieser Betrachtung ergibt sich eigentlich sehr schön, wie rasch sich Vorurteile bilden und verbreiten.
Ein eigenes Beispiel für Vorurteile habe ich selber mit dem Crowley-Tarot erlebt. Bei der Suche nach einem für mich passenden Tarot, habe ich am Computer festgestellt, dass die Musterbilder des Crowley-Tarots im Stil des Impressionismus nicht zu mir passen. Durch die Aussage des Esoterik-Händlers, dass Crowley-Tarot sei ohnedies nur „schwarzmagisch“, habe ich intensiver nachgeschaut und mit zunehmender Beschäftigung mit Aleister Crowley sein Tarot gekauft. Anschließend konnte ich feststellen, dass das Tarot doch deutlich eher meinen Vorstellungen entspricht als viele andere.
Auch Crowleys Aussagen sind geeignet, ihn falsch zu verstehen. Hier steht an erster Stelle:
„Tu was Du willst“.
Dabei müssen wir wissen, dass Crowley offenkundig fälschlicherweise vorausgesetzt hat, dass ein Magier seiner Verantwortung gerecht wird, da er weiß, was auf ihn zukommt. Crowley lässt also alles offen und kann damit in verschiedenen Deutungen verstanden werden. Sicher ist jedenfalls, dass in seinen Originalschriften Crowley nie einen klaren Hinweis auf direkte Negativität gegeben hat. Seine Intention war ganz deutlich, die Freiheit des menschlichen Geistes im Zusammenhang mit der Magie und dem göttlichen Willen zu erklären. Was man ihm als Fehler anrechnen kann, ist sicher der Weg, der mit Sex und Drogen nicht als richtig bewertet werden kann. Auch die spätere Ergänzung mit: „Hauptsache, du schadest niemandem“, kann ja auch nicht als der Weisheit letzter Schluss dienen.
Es wird im Zusammenleben vieler Menschen immer einen oder je nach Gruppe mehrere Personen geben, die sich geschädigt fühlen. Als Beispiel sei nur die Spaltung der Rosenkreuzer nach Crowleys Versuch, alle Anthropologen und philosophischen Richtungen zu vereinen, erwähnt. Es war biographisch bestätigt, das Crowley nie schlechte Absicht hatte und nur am individuellen Denken einzelner Personen für die öffentliche Meinung gescheitert ist.
In seinem Verständnis für Magie wird ein echter Magier nicht Schaden anrichten, da er sich über die Konsequenzen im Klaren ist, die nur ihn selber treffen werden. Damit fand er die Kurzform des späteren Wicca-Spruches für ausreichend. Er sah die Freiheit, individuell betrachtet, als eine hohe Wertigkeit, ja eigentlich den höchsten Wert für die Magie und die Magier an. Seine späteren Entgleisungen sind sicher eine Folge des aktuellen Alkoholkonsums und der Drogen, was ich zwar als Erklärung sehe, nicht aber als Entschuldigung.
Eine weitere seiner Aussagen: „Liebe ist das Gesetz – Liebe unter Willen“ wird auch gerne nur als Teil zitiert und regt damit zu weiteren Fehlinterpretationen an. Auch hierzu kommt, dass sein schlechtes Lebensbeispiel als Magier seiner öffentlichen Beurteilung nicht zugute gekommen ist.
Seine Leitsätze sind wohl auch mit denen der Freimaurer zu vergleichen, wenn man sieht, dass die Freimaurer den Weg des Menschen zum Licht in der Vervollkommnung der Lebensziele und der Beherrschung des eigenen Egos betrachten. Genau diese Definition sehe ich bei Crowleys Magie auch ohne Abstriche.
Quellen:
https://wiki.yoga-vidya.de/Aleister_Crowley (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Werke_von_Aleister_Crowley (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://anthrowiki.at/Aleister_Crowley (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://anthrowiki.at/Ordo_Templi_Orientis (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://anthrowiki.at/Hermetic_Order_of_the_Golden_Dawn (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://de.wikipedia.org/wiki/Crowley_Thoth_Tarot (14.07.21, 00:09 Uhr)
https://tarot.de/tarotdecks/crowley-thoth-tarot/ (14.07.21, 00:10 Uhr)
https://wiki.yoga-vidya.de/Aleister_Crowley (14.07.21, 00:10 Uhr)
https://de.wikipedia.org/wiki/Crowley_Thoth_Tarot (14.07.21, 00:10 Uhr)