Rückblick: Zauberbücher-Ausstellung in Leipzig

Vom 15.11.2019 bis zum 16.02.2020 fand in der Bibliotheca Albertina in Leipzig die Ausstellung „Zauberbücher. Die Leipziger Magica-Sammlung im Schatten der Frühaufklärung“ statt.
Ganze 140 Bücher und Schriften wurden präsentiert und ein kleiner Einblick in ihren obskuren Inhalt geboten. Ein guter Anlass, sich einmal selbst einen Eindruck zu verschaffen – wir sollten nicht enttäuscht werden.

Hinter einer unscheinbaren Tür in der Aula der Bibliothek geht es zur Ausstellung; schon im kleinen Vorraum empfängt uns Schwärze, nur der beleuchtete Glaskasten mit einem Symbol-Buch sowie einem Aphorismus aus dem Liber Abratel spendet Licht. Im großen Ausstellungsraum herrschen ähnliche Lichtverhältnisse – natürlich zum Schutz der alten Schriften vor UV-Strahlung, doch hier sorgen sie noch zusätzlich für passende, geheimnisvolle Stimmung, die von einer Darstellung eines magischen Kreises auf dem Boden des Raums abgerundet wird.

Wissen aus verschiedenen Kulturkreisen

Wir bekommen einen kleinen Einblick in Schriften, die Magie aus verschiedenen Kulturkreisen beschreiben (jüdisch, christlich, islamisch), betrachten Listen mit Engelnamen, Zeichnungen des kabbalistischen Lebensbaumes, bunte Illustrationen und Beschreibungen zum Schlüssel Salomos, Siegel zum Erbitten vom Beistand der Engel und stoßen auch auf altbekannte Darstellungen wie das magische Quadrat bzw. Sator-Quadrat, das auch heute noch seinen festen Platz in magischer Literatur hat.

Alte Bekannte

Spannend ist es auch, bekannte Namen unter den Verfassern zu entdecken: Albertus Magnus, Abraham von Worms, Paracelsus, Doct. Joh. Faust, Hermes Trismegistus.
Doch Achtung: schon vor Jahrhunderten waren Pseudonyme unter den Verfassern üblich, man muss also davon ausgehen, dass ein großer Teil der entsprechend zugeordneten Schriften lediglich Wissen „im Sinne von“ verbreitete und nicht der Feder der tatsächlichen Autoren entsprang.

Die Anliegen in den Büchern reichen von Wetterzaubern, Erstellen magischer Ringe, Zauber zum Unsichtbar werden und zum Finden von Schätzen über die Darstellung von Zauberkreisen bis hin zu einer Anleitung für Sieben-Meilen-Stiefel aus allerlei obskuren Zutaten und der Erschaffung eines persönlichen Schutzgeistes. Letztere nimmt übrigens etwa 18 Monate in Anspruch, aber nachdem Geduld eine der magischen Tugenden ist, schrecken auch solche Zeitangaben keinen ernsthaft Praktizierenden ab. 😉 Auch eine Darstellung diverser magischer Alphabete, die heute noch in einschlägigen Büchern verbreitet werden, finden wir in der Ausstellung – angeregt wurde das Interesse an exotischen magischen Praktiken wohl durch die zunehmenden Handelskontakte im 17. Jahrhundert.

Allseits für Belustigung sorgte auch, wie man anhand zahlreicher Gästebuch-einträge nachlesen konnte, die kurze Abhandlung über die Beschwörung eines Dämons in einem italienischen Zauberbuch, dem als Opfergabe ein Pizzabrot zu reichen sei. Kulturelle Vorlieben sollte man nicht unterschätzen!

Einen weiteren Blickfang bildeten die Bildtafeln mit so g. Prachtschriften – außerordentlich schön gestalteten Illustrationen alchemistischer oder magischer Praktiken. Wie viel Zeit und Mühe muss in die Gestaltung dieser Bücher eingegangen sein?

Prachtschriften – Farbenfrohe Illustrationen mit dem grünen Löwen und der alchemistischen Hochzeit

Über die Sammlung

Die „Codices Magici“ stellen Europas größte Zauberbücher-Sammlung dar, die öffentlich zugänglich ist. Erworben wurden sie vermutlich im Jahre 1710 von der Ratsbibliothek der Stadt vom Leipziger Arzt Samuel Schröer, 1962 gingen sie dann in den Bestand der Universitätsbibliothek über. Der eigentliche Käufer ist bis heute allerdings nicht namentlich bekannt. Zuerst hat mich der Fakt, dass so eine Sammlung ausgerechnet von einer Bibliothek gekauft wurde, amüsiert. Allerdings war Magie samt benachbarten Wissenschaften wie Alchemie in früheren Jahrhunderten oft eine Angelegenheit des gebildeten Bürgertums – man darf nicht vergessen, dass Lesen und Schreiben damals noch nicht selbstverständlich vorausgesetzt werden konnten und ein Privileg von gesellschaftlich höher gestellten Personen (Ärzte, Juristen, Theologen, reiche Kaufleute) und Gelehrten waren. Ein Großteil der Schriften der Leipziger Sammlung ist zwar in deutscher Sprache verfasst, jedoch oft mit lateinischen Elementen versehen, was diesen Umstand noch unterstreicht. Diese Sammlung bietet einen Blick auf die Magie des 17. und 18. Jahrhunderts – wie sie verstanden wurde und wohl auch praktiziert worden ist. Die hier versammelten Zauberbücher stellten dabei ein praktisches Medium dar, eine Anleitung, der man folgen konnte und nicht nur eine theoretische Abhandlung über okkultes Wissen.

Darstellung des Dämons Mephistopheles

Fazit

Die Ausstellung war sehr ansprechend gestaltet, gut strukturiert und absolut sehenswert, um einen kleinen Einblick in Themen und Verständnis magischer Praktiken in dieser Zeit zu bekommen, was auch auf das Weltbild dieser Zeit schließen ließ. Was wussten die Menschen zu dieser Zeit, was begehrten sie? Mit diesem Potpourri der Sammlung im Gedächtnis lässt sich wohl sagen, dass das Interesse an magischen Praktiken in dieser Zeit einen nicht zu verleugnenden (wenn vielleicht auch nicht immer sichtbaren) Teil eingenommen hat.

Und welche Universitätsbibliothek kann schon von sich behaupten, eine große Zauberbücher-Sammlung zu beherbergen?

Wer selbst einmal in den alten Schriften stöbern möchte, kann das online auf den Seiten der Bibliotheca Albertina tun – seit einigen Jahren sind die Bücher digitalisiert und frei über das Internet zugänglich. Wenn ihr hier klickt, kommt ihr direkt zu den Suchergebnissen; die Schriften lassen sich einzeln aufrufen und ein Klick auf die Abbildung bringt euch zu den Fotos des Innenlebens.

Quellen und weiterführende Links:

Beitrag von Anmara
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