Vor ein oder zwei Jahren fand ich in einer Mindfulness Zeitschrift eine Musikvorstellung einer Band namens „The Love Keys“, ein Duo aus Deutschland, die Mantra Musik machen. Zugegeben, ich habe bisher nicht viele Mantra Gruppen gefunden, die mich wirklich berührt haben, als Kind habe ich immer die Mantra Gesänge von Henry Marshall gehört (die jedoch ohne Instrumente, sondern nur a capella gesungen/gechantet wurden) oder von einer Freundin und Lehrerin wurde ich mal auf Deva Premal aufmerksam gemacht, aber alles in allem war das Angebot recht rar. Auf einer Musikstreamingplattform hörte ich also in das damals aktuelle Album der Love Keys rein: „Leelaa“ (Lila), sofort faszinierte mich der Gesang von Sängerin Aleah Gandharvika, da er zeitweilig sehr hell (aber immer klar und vor allem für menschliche Ohren gut erträglich), aber bei einigen Stücken auch sehr rau, fast schon rockig/punkig klang. Mein Lieblingslied von allen war dabei das vielfach interpretierte Gayatri Mantra Auch die anderen bisher veröffentlichten Alben „Mango“, „OMnipresent“ und „Blessings“ klangen erfrischend und eingängig. Dabei singen sie nicht nur in Sanskrit, sondern auch schon mal auf englisch oder deutsch. Ben Vogt, der Multiinstrumentalist holt mit Aleah alles aus den Liedern raus, was die Percussion, Gitarre oder auch das Keyboard so hergibt. Das Duo arbeitet auf jeder CD mit wunderbaren und talentierten Gastmusikern zusammen sei es bei den Instrumenten oder als gesangliche Unterstützung.
Aber wie das so ist, verliert man manchmal den Fokus, man widmet sich wieder anderen Bands und die Love Keys gerieten bei mir ein wenig in Vergessenheit. Dann ein Jahr später, erschien erneut ein Artikel, der über das neue Album „Soma“ berichtete und ich erinnerte mich im Oberstübchen, dass ich doch mal reinhören sollte. Ich war sofort vom Opener „Jai Ganesh“ geflasht und löste in mir so einen Ohrwurm aus, dass ich ihn selten wieder wegbekomme. Da ich eh ein Ganesha „Fan“ bin, ist das Lied natürlich ideal, aber auch Lieder wie „Give it up“, was eher ein wenig nach Folk klingt oder das fast schon hymnische „Lokah Samastah Sukhino Bhavantu“ nehmen einen mit auf eine ganz eigene tiefgehende Reise. Aber das Album schlägt im Allgemeinen sehr ruhige, sanfte Töne an. Fand man auf Leelaa noch „Gassenhauer“ zum mitschmettern wie „Adi Shakti“, „Bolo Jai Bhagavan“ oder „Joyful Krishna“, fehlen diese auf Soma (fast) komplett, außer der Titel „Mahamantra“, der sehr sehr ruhig beginnt und dann zu einer Art spirituellem Partyhit aufdreht (und es macht wirklich Spaß, das mitzusingen). Ein Indiz dafür, wie wandelbar und dennoch authentisch die Love Keys ihre Musik machen können.
Dann musste ich doch endlich mal auf ihrer Homepage stöbern und sah zu meiner Freude, dass sie oft durch Deutschland touren und (meistens) in Yoga Studios Konzerte geben. Ich entschied mich ins Sauerland zu fahren um dort nicht nur einem Konzert zu lauschen und diese wunderbare Band mal live zu erleben, sondern auch eine Bhakti Yoga Stunde mit ihnen mitzumachen.
Bhakti bedeutet göttliche Hingabe und wird in allen varianten des Hinduismus glühend zelebriert. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten wie z. B. die Wiederholung von Mantren oder göttlichen Namen, sei es ausgesprochen oder stumm in Gedanken (genannt „Japa“) Dazu würde ich wohl die Mantren von oben genannten Henry Marshall zählen, da über sechs oder mehr Minuten immer wieder ein Mantra wiederholt wird.
Dann gibt es noch die Kirtans. Diese Praktik üben die Love Keys hauptsächlich aus. Als Kirtans wird der rhythmische Wechselgesang von Namen und Mantren bezeichnet. Das erinnert an Spirituals oder Gospel, wo ein Vorsänger den Anfang macht und die Anhänger/Gemeinde das gesungene wiederholt. Ich habe es aber auch so verstanden, dass auch so eine ganze Veranstaltung Kirtan genannt wird (als synonym für Konzert oder Session).
Es gibt noch drei weitere Zweige im Bhakti: Bhajans (gemeinsames Singen religiöser Lieder), Pujas (Zeremonien, wo das Bildnis eines Gottes oder Gurus verehrt, Opfer in Form von Früchten oder Kerzen dargebracht, und Anrufungen/Lobpreisungen ausgesprochen werden) und Seva (göttlicher Dienst ohne Gegenleistung, auch Karma-Yoga genannt).
Bhakti (oder Bhakti Yoga) definiert sich noch über viele andere Wege, wie die fünf Hauptbeziehungen zu Gott; Krishna- Bhakti, Shiva- Bhakti oder Devi- Bhakti. In diesem Fall jedoch war Bhakti Yoga einfach eine Yoga Stunde mit Live Musik und einer anschließenden Kirtan. Angeblich sollte die Yoga Stunde von 90 Minuten für Anfänger und Fortgeschrittene gleichermaßen sein, aber ich merkte schnell, dass mein Yoga, welches wir beim Tanzen nach dem Warm-Up benutzen definitiv nicht ausreicht. Ich muss wohl sehr hilflos ausgesehen haben, denn die Yogalehrerin steuerte nicht nur einmal auf mich zu und gab mir Hilfestellung oder zeigte mir alternative Asanas, was ich mega lieb von ihr fand, aber mich gleichzeitig als absoluter Yoga Noob abstempelte. Gut, dass ich mich schon wohlweislich in die allerhinterste Ecke mit meiner Matte verkrochen hatte. Hinterher kam ich zu der Überzeugung, dass ich besser nur an dem Konzert teilgenommen hätte. Gerade aber bei der Yoga Stunde aber spielten und sangen die Love Keys mein Lieblingslied Jai Ganesh und ehrlich gesagt, konzentrierte ich mich da eher auf das mitsingen, als auf die zu praktizierende Übung.
Nach der eigentlichen Yoga Stunde gab es zum Abschluss eine musikalisch begleitete Meditation, die wundervoll war, wenn man so einfach auf einem Klangteppich ganz weit weg getragen wurde (für mich der beste Part der Stunde), dann gab es eine richtige Pause mit Erfrischungsgetränken, sowie vegetarischer und veganer kalter Quiche (die beide sehr sehr köstlich waren und auch nach dem Yoga echt gut taten).
Der Raum des Yogarausch Studios füllte sich derweil mit noch mehr Leuten und auch vielen Kindern, es wurden Kerzen und Teelichter aufgestellt, vorher einmal ordentlich durchgelüftet und – der Kamin angemacht. Man konnte sich Yogamatten, dicke Kissen und auch Decken nehmen, was die Atmosphäre von Yogastudio zu heimeligen Riesen-Wohnzimmer wandelte. Das Konzert selber war ein Ohrenschmaus der höchsten Güte. Ben jammte auf Cajon, Gitarre, was das Zeug hielt und Aleah spielte auf dem Harmonium, einem traditionellem indischen Instrument und bezauberte alle mit ihrer Stimme. Das Schöne war, dass wir nicht nur einmal die Mantren einmal „trocken“ vorgesungen bekamen um sie dann im Song mitzusingen, Aleah und Ben erklärten auch, was die Mantren bedeuten und erzählten auch Anekdoten aus ihrem Leben und von ihren Reisen durch die Welt. Ein paar Mal hielt es uns nicht mehr auf dem Boden und wir standen auf, um nach Herzenslust zu tanzen, intuitiv und wertfrei. Ich habe mich als Kirtan Neuling noch sehr zurückgehalten, aber viele andere Besucher wiegten sich wie in Trance, die Augen geschlossen oder tanzten richtig ab, was ich einfach schön zu beobachten fand und mich nicht nur einmal lächeln ließ, weil in diesem Raum einfach nur Glückseligkeit herrschte (und das lag nicht an den Räucherstäbchen 😉). Die Zeit verging wie im Flug (leider schneller als bei der Yoga (Doppel-) Stunde).Das letzte Lied war das auf der Soma CD schon über neun Minuten lange „Lokah Samastah Sukhino Bhavantu“, an diesem Abend war es sogar noch länger, weil Aleah es noch mit einer „Hausaufgabe“ für uns angereichert hatte. Dieses Lied verursacht mir jedes mal wenn ich es höre Gänsehaut und Tränen in den Augen und ich empfehle jedem, der sich darauf einlassen möchte, sich diesen Song anzuhören und die Energien zu spüren, die von diesem Titel ausgehen.
Nach dem Konzert konnte man noch mit den beiden ein Pläuschchen halten, die CDs kaufen oder sich über die Indienreise informieren, die die Love Keys jährlich veranstalten. Vom Glück berauscht machte ich mich wieder auf den Weg nach Hause (ein Glück, dass ich nicht fahren musste) und tatsächlich empfand ich die nächsten Tage als ungeheuer leicht. Die Wirkung der Kirtan hielt also wohl noch ein wenig an 😊.
Wer es einmal schaffen sollte, in seinem Leben, in Genuss eines Konzertes der Love Keys zu kommen, den lässt diese Erfahrung nicht mehr los, so meine Meinung, sofern man sich natürlich auf Mantras und Co. einlassen kann, denn ich weiß auch, dass es nicht jedermanns Sache ist. Aber selbst wenn ihr (noch) skeptisch seid, probiert es vielleicht mal aus, die Karten kosten nicht die Welt und ihr seid um eine Erfahrung reicher und möglicherweise gefällt es euch ja doch. Die Love Keys haben auch ein paar Videos auf Youtube, wo man sich schon mal ein erstes Bild machen kann und posten auch regelmäßig mal kleine Konzert-Ausschnitte auf ihrer Facebook Seite (aber das ist natürlich nicht das Gleiche, wie einmal live dabei gewesen zu sein). Und man muss auch nicht zwingend eine Yoga Stunde mitmachen, wenn das nichts für einen ist. Ich bin zwar auch um diese Erfahrung bereichert, allerdings sehe ich für mich, dass ich „zu schlecht“ für die „korrekte“ Ausübung der Asanas war und mir das nicht so viel Freude bereitet hat, wie die Meditation oder das Konzert. Wer natürlich schon länger Yoga macht und beherrscht sollte da vollkommen unbesorgt sein.
Kleine Bitte: Wenn ihr die Künstler gerne unterstützen wollt, dann kauft direkt in ihrem Shop auf der Homepage, dort bekommt ihr alle Alben als physische CDs und als MP3 🙂
Medien:
https://thelovekeys.de/ Homepage der Love Keys mit Infos, Videos, Onlineshop und Tourdaten
https://www.youtube.com/user/thelovekeys Youtube Kanal der Love Keys mit Konzertauschnitten, Interviews, Infos zur Indienreise und Album Teasern.
https://de-de.facebook.com/thelovekeys.mantra/?ref=page_internal Facebook Seite der Love Keys
https://yogarausch.de/ Homepage des Yogarausch Studios in Sundern
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bhakti-Yoga (abgerufen am 7.11.2019)