Was ist, wenn ich gehe?

Wirst du mich vermissen? Werde ich dich vermissen?

Der Weg, der immer neue Pfade offen legt und sich wild verzweigt, zeigt mir neue Möglichkeiten auf. Ich begegne Menschen, die sich geheimnisvoll in mein Herz schleichen um dort Spuren zu hinterlassen. Man muss dann auch loslassen, um Neues zu erfahren. Das Aushalten, Erleben und Loslassen von Geschehnissen und Begegnungen ist das, was uns im Laufe des Lebens immer wieder beschäftigt und was uns voran treibt auf unserem Weg des Lebens. Es ist alles im Fluss und das Herz schlägt weiter, mal schneller, mal langsamer, aber es fühlt und lebt. Darum geht es in meiner Geschichte. Musik ist das, was uns bleibt und wenn es nicht die Instrumente sind, sondern einfach nur der Klang einer Stimme, die liebe Worte sagt, oder das Klopfen unseres Herzens … alles ist Musik und alles ist Leben.

„Der Weg zu dir“

Was ist, wenn ich gehe und nie wiederkomme? Wirst du mich dann vermissen? Wirst du dir Sorgen machen um mich? Oder ist es dir egal? …

gemalt von Esmeralda

Meine Eltern sind immer besorgt um mich und fragen sich, wenn ich mit Freunden weg bin, ob alles gut geht und hoffen, dass ich keinen Unsinn anstelle. Das merke ich immer, wenn ich zurückkomme und sie unruhig auf dem Sofa sitzen und mich am liebsten mit Fragen löchern würden. Wo ich war, warum ich so spät komme und was alles vorgefallen ist. Ob es mir wohl gut geht. Sie schnuppern an mir, ob ich muffig rieche, wegen einem Joint oder Zigarettenqualm, dann muss ich sie anhauchen, damit sie feststellen können, ob Alkohol im Spiel war an dem Abend.

Ich bin dann immer genervt, reagiere auch so und werfe meine Jacke und Schuhe in die Ecke und gehe maulend auf mein Zimmer. Ich schmeiße die Tür mit lauten Krachen zu und werfe mich erschöpft aufs Bett. Ich lege meinen Kopf zur Seite und sehe meine geliebte Irische Harfe stehen. Ich schließe seufzend meine Augen und versinke in ferne Träume.

In meiner Fantasie sehe ich einen weiten Weg, an dessen Ende meine Harfe steht, der Wind weht die letzten Novemberblätter von den Bäumen und zieht durch die Saiten meines Instruments. Sie erklingen im Rausch des nahenden Winters. Ich träume von der Melodie der Kälte und stehe einfach nur so da auf dem Weg, als ein junger Mann an mir vorbei geht und mir zulächelt. Ich lächle milde und lieb zurück. Ich spüre, wie ich erröte in meinem Gesicht und rufe ihm nach: „Hey du, warte mal, sag mal was machst du an diesem Abend hier so allein?“ Er bleibt stehen: „Das Gleiche könnte ich dich fragen! Ein hübsches Mädchen, so einsam und allein in dem Park.“ Er sagt energisch, dass es gefährlich sei für kleine Mädchen, grinst mir frech zu und läuft zielstrebig auf meine Harfe zu. Er lehnt sie an sich und spielt eine liebliche Melodie, als mir plötzlich mein Handy brummend aus der Hand rutscht und mit lautem Geräusch auf den Teppich fällt.

Ich schrecke hoch. Ich habe Herzrasen und greife gleich nach meinem Smartphone. Das Display ist zersplittert. Ich teste genervt die Funktionen. Stelle fest, dass ich kaum etwas sehe, aber es noch funktioniert. Ich lege es auf den Nachttisch und richte mich auf. Ich strecke mich und gehe hinüber zu meiner Harfe. Ich setze mich und spiele einfach drauf los. Liebliche Klänge entstehen und ich sehe wieder diesen Typen. Seine glänzenden, großen dunkelbraunen Augen, in denen ich versinken möchte, als plötzlich meine Eltern das Zimmer betreten und das schlechte Gewissen aus ihnen schreit. Sie stellen mir ein Tablett mit heißem Kakao und ein paar Keksen hin, deuten zögernd darauf und schleichen mit den Worten: „Wir wollen nicht stören, spiel ruhig weiter!“ rückwärts aus dem Raum. Als sie draußen sind, widme ich mich wieder meiner Melodie.

Ich muss auf einmal laut loslachen, schaue aus dem Fenster. Warum, weiß ich nicht, aber da sehe ich auf dem Bürgersteig eine Person stehen. Sie schaut zu meinem Fenstern hinauf, klappt die Kapuze der Jacke herunter und es ist tatsächlich der Mensch aus meinem Traum. Ich reibe mit meinen Händen meine Augen und sehe nochmal hin. Niemand da, ich schaue weiter und entdecke eine Person, die hinter der nächsten Ecke verschwindet. Ich denke, dass es vielleicht etwas viel Wodka-Cola war auf der Party – dabei waren es doch nur 2 Gläser … Ich schüttele den Kopf und gehe zurück an meinen Platz, meine Musik lenkt mich ab und ich denke liebevoll an meine Eltern und den geheimnisvollen Fremden.
Dinge gibt’s …

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