1. Beschreibung der Karte
Vor einem hellgrauen, luftigen Hintergrund sehen wir in der Mitte des Bildes einen jungen Mann, der an einem Bein kopfüber aufgehängt ist. Festgemacht ist er mit dem rechten Fuß an einer Art Kreuz aus dem quer liegenden Ast von einem Laubbaum.
Der Gehängte trägt eine rote Strumpfhose, gelbe Schuhe und eine blaue Tunika. Sein Haar ist blond und halblang; die Arme sind hinter dem Rücken gefesselt. Er hat einen erstaunten Gesichtsausdruck, so als wüsste er gar nicht, wie ihm geschieht. Sein Mund ist vor Erstaunen halb geöffnet. Auffallend ist der Heiligenschein, der sich rund um seinen Kopf herum ausbreitet.
2. Deutung der Farben
- Grau: Trauer, Rückzug, Askese, Unsicherheit.
- Rot: Lebenswille, Kraft, Liebe, Wut.
- Blau: Frische, Ruhe, Wissen, Farbe des Wassers und der Luft.
- Gelb: Erleuchtung, Hoffnung, Kommunikation, Inspiration.
- Braun: Pragmatismus, Verderben, Fäulnis, Bodenständigkeit.
- Grün: Hoffnung, Leben, Kreativität, Entwicklung, Fruchtbarkeit.
3. Deutung der Symbole
- Baumkreuz: Das Kreuz steht in der christl. Symbolik für Tod und Wiedergeburt zugleich. Da hier ein lebender, Blätter tragender Baum als Gerüst zum Aufhängen gewählt wurde, zeigt, dass es sich um den Aspekt der Wiedergeburt und Neuwerdung handelt.
- Hängende Position: Wie ein Blatt im Wind, die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten; Anspielung auf Odin, der neun Nächte lang am Weltenbaum hing während seiner Visionssuche. Durch den Perspektivenwechsel schärfen sich die Sinne, die Wahrnehmung vergrößert sich.
- Baum: Symbol für das Leben, Werden und Entwicklung. Der Galgen könnte hier als Chance stehen, als Symbol für Wiedergeburt durch Perspektivenwechsel.
- Heiligenschein: Symbol für die Erleuchtung oder das Erlangen bedeutender Einsichten. Das Hängen hat eine spirituelle Wandlung zur Folge (-> Odins Visionssuche).
4. Deutung der Karte
Wenn mir der Gehängte erscheint, dann gilt es nicht zu erschrecken, sondern sich zu fragen, welche Situation einer anderen Sichtweise bedarf. Unbequeme Fragen stellen, ausharren, die Dinge (oder sich selbst) auf den Kopf stellen.
Zuerst wirkt die Karte unangenehm und verstörend: wenn jemand gehängt wird, hat er Schuld auf sich geladen oder ein Verbrechen begangen, das so schwer wiegt, dass es mit dem Leben bezahlt werden muss. Unser Gehängter ist kopfüber aufgehängt; in dieser Position wurde der Apostel Petrus (an einem kopfüber stehenden Kreuz) gekreuzigt. Man kann die Position vielleicht als ein Attribut von Petrus sehen, den Wächter des Zugangs zum Himmel.
Während er hängt, erfährt er eine Verwandlung: seine veränderte Perspektive erleuchtet ihn, was durch den Strahlenkranz um seinen Kopf symbolisiert wird.
Ist es nicht auch oft in unserem Leben so, wenn die Welt Kopf steht und wir gezwungen werden, die Dinge einmal ganz anders anzugehen? Dadurch eröffnen sich uns neue Einsichten und tieferliegende Zusammenhänge. Dadurch bergen Krisen Potenzial zum Wachsen (symbolisiert durch das grüne Laub am Baum).
Ebenso kann der Gehängte im Falle einer Krise oder einer undurchdringbaren Situation darauf hindeuten, dass sich nichts erzwingen lässt und wir die Dinge annehmen und durchstehen müssen, wie sie sind. Geduld ist gefragt!
5. Deutung der Schattenseite
Schuldzuweisung, in einer Situation festhängen, Blockade, Opfer sein, Hilflosigkeit, Bewegungsunfähigkeit, festsitzen, Krise, Verurteilung/verurteilt werden.
6. Fazit zur Karte
Der Gehängte ruft mich dazu auf, eine Krise als Chance zu betrachten und daran zu wachsen:
„Wenn du in einer Situation nicht weiterkommst, dann ändere deine Perspektive und denke erneut darüber nach.“
„Einfach mal abwarten und aufmerksam beobachten, oft kommt die Lösung für dein Problem dann von ganz alleine.“
„Mach mal was anders, schlage neue Wege ein, denke dich in andere Personen und Ideen hinein, betrachte die Dinge von außen, von unten, von hinten und schau, was passiert.“